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ie ersten Sonnenstrahlen tauchen den Gipfel des Watzmanns in gleißendes Licht, als Karl Schneider in Berchtesgaden aus dem Auto steigt. Die Kirchturmuhr steht auf Sieben – morgens, es ist noch stockdunkel, die Alpenkulisse erhebt sich schemenhaft hinter ihm. Er schultert seinen Rucksack mit dem Mess-Equipment und setzt den Helm auf. „Im Bergbau geht es früh los“, erklärt er. Auch für ihn geht es die kommenden drei Tage „unter Tage“. Als bergrechtlich bestellter Sachverständiger prüft er dann die gesamte Elektrotechnik im Salzbergwerk. Dann wird er Teil der Mine, wird vergessen, ob es hell oder dunkel draußen ist, warm oder kalt, ob die Sonne scheint oder ob es regnet. Denn das Salzbergwerk ist eine Welt für sich. Im Inneren des Bergs lagert ein gigantischer Salzstock, der hier seit 500 Jahren abgebaut wird. Der Salzstock zieht sich bei einer Breite von eineinhalb Kilometern etwa viereinhalb Kilometer weit durchs das Gebirge.
Eine schwere Holztür wird knarzend aufgestoßen, und Schneider knipst die Stirnlampe an. Begleitet wird er von Karl Wilhelminger, einem erfahrenen Kumpel, der ihn durch das Labyrinth aus Stollen und Schächten lotsen wird. Zu zweit marschieren die beiden Männer los, immer tiefer in den Berg hinein. „Allein darf ich hier nicht herumlaufen. Es wäre zu gefährlich, sich zu verirren“, sagt Schneider. Seit 20 Jahren schon ist der Sachverständige von TÜV SÜD Industrie Service für das Bergwerk zuständig. Wenn er dort drei Tage lang die Anlagen und Maschinen prüft, wird er an die 40 Kilometer zurückgelegt haben, warm eingepackt gegen die Kälte. Nur frische 8 Grad Celsius herrschen in den Gängen. Mit jedem Abschnitt ändert sich auch der Geruch im Stollen: mal ist die Luft klar und frisch, mal staubig, mal modrig, mal riecht es nach Steinen.